WILLKOMMEN BEI LEUENHAGEN & PARIS

Annett, die Ich-Erzählerin in diesem Roman, lebt auf einer Halbinsel an der Nordsee, ist früh verwitwet und hat ihre Tochter Linn allein aufgezogen. Nach einem Zusammenbruch, den Linn während eines Vortrages erlebt, bricht sie mit ihrem Leben, kündigt den gutdotierten Job in Berlin für ein Unternehmen, das sich mit Aufforstung beschäftigt und zieht zunächst für ein, zwei Wochen zu ihrer Mutter.
Aus den Wochen wird ein ganzer Sommer, in dem Mutter und Tochter neu zueinander finden müssen – denn weiß man als Mutter wirklich, wie es der eigenen Tochter eigentlich geht? Müssen Töchter die Erwartungen der Mütter erfüllen?
Annett fühlt sich hilflos gegenüber der Antriebslosigkeit ihrer Tochter, die am Ende einen Job in einer Bäckerei annimmt. Und doch dabei ihr Ziel nicht aus den Augen verliert.
Umsichtig und mit ruhigem Erzählfluss thematisiert Kristine Bilkau den Konflikt zwischen Fürsorge und Freiheit und stellt die Frage, wer in dieser Welt zahlloser Krisen eigentlich noch krisenfest sein kann. Es geht um sich verändernde Lebenswirklichkeiten und nicht zuletzt Linns Einsatz für den Klimaschutz, der seine Entsprechung in exzellenten Naturbeschreibungen findet. Ein kluger Gesellschaftsroman!
Dieses Buch empfiehlt Ulrike Groffy
Daniel Glattauer
am 25.03.2025
in der Apostelkirche
Ingar Johnsrud
mit Hendrik Massute und
Maragrete von Schwarzkopf am 024.03.2025
Ein Kammerspiel, ein Künstlerroman, vor allem aber ein kunstfertiges Stück Literatur – das ist der neue Roman von Martin Mosebach. Es geht um Kunst und die Menschen um die Kunst herum, die hier raffiniert und nicht ohne einen gewissen Manierismus zur Darstellung kommen.
Louis Creutz ist ein erfolgreicher Maler, der alles seiner Arbeit unterordnet. Eigentlich ein genau kalkulierender Unsympath, der auf der Bühne seines Ateliers seinen Auftritt pflegt. Sein Sujet sind die Frauen, genauer: „die malerische Erfassung des weiblichen Körpers.“ Kurz: perfekte Akte. Doch ohne Mäzene geht es nicht, so folgt er nur zu gern der Einladung eines befreundeten Ehepaares nach Venedig, wo er Astrid kennenlernt. Und sie flugs mit einer kleinen Intrige an den erfolgreichen Unternehmer Dietrich als Ehefrau vermittelt. Und so entspinnt sich eine spannende, mit überraschenden Wendungen gespickte Geschichte um eine kleine Gruppe an interessantem Personal.
Martin Mosebach beschreibt seine Figuren nicht, er malt sie mit offensichtlichem Genuss mit Worten, nicht ohne Scharfzüngigkeit – zum großen Vergnügen seiner Leser. Fein ausgelotete Dialoge, ein ruhiges, genau gesetztes Erzählen und ein langer Spannungsbogen mit überraschenden Wendungen geben diesem Roman die veredelte Würze. Man täusche sich aber nicht: auch Kunstwerke können Täuschungen sein!
Dieses Buch empfiehlt Ulrike Groffy
Jakob Nolte
am 07.02.2025
Einen großen Dank an alle Beteiligten für diesen schönen Abend.
In ihrem neuen Roman erzählt Katharina Hagena Lebensgeschichten an zwölf Sommertagen – berührende Lebensgeschichten, in denen es auch um Singen und Zeichnen geht, um ein Orchester für Luftinstrumente und die große Idee eines Tattoos, um Maulwurfshügel und den Schierling-Wasserfenchel.
Margrit ist schon 102 Jahre alt, hört nicht mehr gut und lässt sich jeden Tag von ihrem Heim am Elbufer von Arthur samt Rollator in den Römischen Garten am Elbhang in Blankenese bringen – für sie ein Ort mit vielen Erinnerungen, besonders an ihre große Jugendliebe Else, die diesen Garten im Auftrag der Familie Warburg gepflegt hat. Während Margrits Tochter Brisko einen Wasserturm umbauen will und so gar nicht mit ihrer Tochter Luzie klarkommt, die in eine DLRG-Hütte am Elbstrand gezogen ist, um sich nach einem schrecklichen Erlebnis eine „Auszeit“ zu nehmen. Am Strand ist auch Arthur stetig unterwegs, um nach verschütteten Schätzen im Elbschlick zu suchen, auch er hat mit dunklen Gedanken zu kämpfen.
Katharina Hagena liefert mit den „Flusslinien“ einen ruhig und klug erzählten Gegenwartsroman, in dem viele Themen angesprochen und motivisch dicht miteinander verwoben werden – gleich einem dichten Teppich an Wasserpflanzen. Das Motiv vom Fluss als Ort des Lebens und Vergehens ist nicht neu, aber hier atmosphärisch dicht und überzeugend durchgestaltet. Fast kann man die Elbe riechen, und so ist dieser Roman auch eine Hommage an den großen Strom.
Dieses Buch empfiehlt Ulrike Groffy
Judith Bergmann
am 10.02.2025
Klaus-Peter Wolf
am 08.02.2025
in der Apostelkirche
Für alle, die nicht dabei sein konnten, haben wir noch handsignierte Bücher im Laden.
Freidbert Pflüger und
Oliver Kiaman
am 07.02.2025
Florian Pressler
am 06.02.2025
Wenn Sie wissen möchten, welche Vorträge und Lesungen
bei uns ansonsten noch stattfinden, unser komplettes Programm finden Sie bei uns auf der Homepage.
Anna Schneider
am 30.01.2025
Der österreichische Schriftsteller Wolf Haas ist Kult. Sein abgründiger Humor ist schräg, ungeheuer komisch und spielt mit Perspektiven und Wahrnehmungen. Kein Wunder, dass sein neuer ‚Held‘ Escher heißt.
Franz Escher, der Ordnung und Puzzles mit Kunstwerken liebt und im Übrigen als Trauerredner arbeitet, wartet auf den Elektriker, denn eine Steckdose hat einen Wackelkontakt. Er vertreibt sich die Wartezeit mit der Lektüre eines Buches, das von einem inhaftierten Mafiakiller handelt, der im Gefängnis auf die Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm und die Überstellung nach Deutschland wartet. Auch der Mafiosi liest: in einem Buch, in dem Escher auf den Elektriker wartet…
Und nun beginnt ein literarisches Doppelspiel – man könnte fast sagen: eine Versuchsanordnung –, dass es in sich hat und einen mitreißenden Sog entwickelt. Escher liest Russo, und Russo liest Escher, das ergibt spannende verwickelte Geschichten, in denen es natürlich auch Tote gibt und doch sehr viel zum Lachen: Mehrdeutigkeiten, schräger Sprachwitz und skurrile Wortspiele wechseln sich ab und machen diesen Roman zu einem äußerst denkwürdigen Lesevergnügen.
Ein Wackelkontakt kann Leib und Leben gefährden, das wissen wir ja, aber dass man so herzhaft darüber lachen kann, das lernen wir in Wolf Haas‘ Roman mit einer umwerfend innovativen Idee, mit der Phantasie und Wirklichkeit zu einem stimmigen Ganzen verschmelzen.
Dieses Buch empfiehlt Ulrike Groffy