Ulrike Draesner „Schwitters“
Kurt Schwitters war ein besonderer Mensch und vor allem: Künstler. In seiner Heimatstadt Hannover unvergessen, andernorts eher nicht mehr so bekannt. Anlass genug, den Lebensdaten des „Dichters des Paradoxen“ einmal nachzuspüren. Ulrike Draesner hat dies getan: „Schwitters“.
Was macht das mit einem Künstler, wenn man Haus, Werk und Familie in der Heimat zurücklassen muss? Kurt Schwitters (1887-1948) emigriert 1937 mit Sohn Ernst nach Norwegen, denn er gilt im Nazideutschland als entarteter Künstler. Bereits 1933 von der Stadt Hannover und den weltberühmten Pelikan-Werken entlassen, hat Schwitters keine Aufträge mehr und arbeitet daheim an seinem Merz-Bau, seinem dichterischen „Gesamtweltbild“. Als Typograf und Grafiker war er einst sehr gefragt, der Schriftsteller und Raumkünstler, dessen Collagen provozieren und zugleich begeistern. Rhythmus, Wortklang, Experimentierfreude, Witz und Überschwang zeichnen Schwitters aus – und ein abenteuerliches erzwungenes Leben in der Ferne, wo die Kunst der Überlebenskunst weichen muss. Von Norwegen nach Schottland, inhaftiert auf der Isle of Man und schließlich am Ende in London und im Lake District markieren die Stationen seines Fluchtlebens.
Die vielfach ausgezeichnete Autorin Ulrike Draesner hat einen kraftvollen und immens detailreich recherchierten Künstlerroman über Kurt Schwitters, den Lebens-Optimisten, geschrieben, voller Sprachlust, auch poetisch bisweilen. Dabei lässt sie viele Menschen aus Schwitters Leben zum Leser sprechen und wirft so eine vielschichtigen und empathischen Blick auf ein Künstlerleben in extremen Zeiten. Großartig!
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