Cay Rademacher „Nacht der Ruinen“

Der Einmarsch amerikanischer Truppen im Rheinland und natürlich auch in Köln im März 1945 hat Cay Rademacher zu einem großartigen Roman inspiriert, der auch ein Krimi ist. Fiktion und Historie geben diesem Buch einen fesselnden Sog.
Köln in Ruinen: zerbombt, zerstört, alle Brücken gesprengt – auf der anderen Rheinseite wird noch gekämpft. Joseph Salomon (Joe Salmon) kehrt als amerikanischer Soldat in seine Heimatstadt zurück, speziell ausgebildet, Kontakt zur deutschen Bevölkerung aufzunehmen. Beim letzten großen Angriff der Alliierten ist ein amerikanischer Bomberpilot abgestürzt und in einer ausgebrannten Kirche gelandet. Dort wurde er gelyncht – ein Kriegsverbrechen, das aufgeklärt werden muss. Joes Suche nach dem Mörder führt ihn gemeinsam mit dem britischen Kriegsreporter George Orwell durch die ganze Stadt: vom Hauptquartier der Alliierten im Allianzgebäude über Braunsfeld, sein Heimatveedel Sülz, den Melatenfriedhof und natürlich auch Bayenthal und Marienburg, wo er eine alte Freundin wiedertrifft, die inzwischen mit einem berühmten Arzt verheiratet ist. Die Orientierung in den zerstörten Straßen ist ebenso schwierig wie die Zeugenbefragung: alle wissen etwas und keiner will etwas sagen. Nur Irmgard Keun hat mancherlei gesehen…
Atmosphärisch dicht, genaue Ortsbeschreibungen und die einfühlsam beschriebene allgemeine Trostlosigkeit in einer zerstörten Stadt mit ihren Ruinen und zerlumpten Gestalten machen diesen Roman zu einer beeindruckenden Lektüre.
Natürlich ist Köln die schönste Stadt der Welt – aber das war sie nicht immer. Daran zu erinnern, taugt dieser aktuelle Roman – ein Antikriegsroman – allemal. Damit diese Zeiten nie wiederkehren.
Dieses Buch empfiehlt Ulrike Groffy